Karlsruhe, 12.04.2021. Der Stimmungsaufschwung unter den baden-württembergischen Unternehmen hat sich im ersten Quartal des Jahres 2021 fortgesetzt und beschleunigt. Sowohl die Beurteilung der aktuellen Geschäftslage als auch die Erwartungen für die kommenden sechs Monate verbesserten sich deutlich und führten im Vergleich zum Jahresende 2020 zu einem Anstieg des Geschäftsklimas von 0 auf 14 Indexpunkte. Damit erreichte das Geschäftsklima den höchsten Stand seit April 2019.
Nachdem zunächst insbesondere das Verarbeitende Gewerbe der Treiber des Aufwärtstrends war, erstreckte sich die Verbesserung im März über alle Wirtschaftssektoren.
Frage: Frau Weymayr, die zweite und dritte Infektionswelle sind noch gravierender als das, was wir im Frühjahr 2020 erlebt haben. Gleichzeitig steigt das L‑Bank-ifoInstitut für Wirtschaftsforschung-Geschäftsklima seit Monaten scheinbar unaufhaltsam und liegt bereits wieder auf dem höchsten Stand seit knapp zwei Jahren. Kann sich die Wirtschaft den Auswirkungen der Pandemie inzwischen immer besser entziehen?
Antwort: In der Tat ist es so, dass die Unternehmen in Baden-Württemberg die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf ihre jeweilige Geschäftslage etwas weniger dramatisch beurteilen als sie das noch im Frühjahr des vergangenen Jahres getan haben. Bei differenzierter Betrachtung stellt man allerdings eine deutliche Diskrepanz fest zwischen der immer noch sehr schwierigen Lage im Einzelhandel und im Dienstleistungssektor im Vergleich zu einer etwas entspannteren Situation im Bauhauptgewerbe und im Verarbeitenden Gewerbe.
Aus meiner Sicht erschreckend ist, dass im Februar ein sehr hoher Anteil der befragten Einzelhandelsunternehmen – nämlich 39 Prozent – die aktuelle Situation sogar als existenzbedrohend eingestuft haben. Im krassen Gegensatz dazu sehen wir einen Stimmungsaufschwung im Verarbeitenden Gewerbe. Seit April letzten Jahres hat sich das Geschäftsklima im Industriesektor sukzessive verbessert und liegt inzwischen mit 26 Punkten auf dem höchsten Stand seit Oktober 2018.
Frage: Wie ist es um die Situation des Exportlandes Baden-Württemberg nach einem Jahr Pandemie bestellt?
Antwort: Die Coronakrise hat wie erwartet tiefe Spuren in der Exportbilanz hinterlassen. Nach den Zahlen des Statistischen Landesamtes lag das baden-württembergische Exportvolumen im Jahr 2020 bei 190 Mrd. Euro, das sind ungefähr sieben Prozent unter dem Vorjahresniveau.
Die Exporte nach China hingegen legten trotz aller Widrigkeiten um vier Prozent auf 17 Mrd. Euro zu. Das zeigt, wie schnell und konsequent China die Pandemie bislang konjunkturell bewältigen konnte. China ist damit inzwischen die Nummer Zwei als Absatzland für unsere Unternehmen. Die Bedeutung Chinas für unsere Wirtschaft nimmt wieder deutlich zu. Das heißt, die Südwest-Unternehmen erwarten eine dynamische Entwicklung ihres Auslandsgeschäfts in den kommenden Monaten.
Frage: Wie ist die Stimmungslage der Privathaushalte? Nimmt hier der Optimismus ebenfalls zu?
Antwort: Bedauerlicherweise hat sich die Stimmungslage unter den baden-württembergischen Verbrauchern noch nicht nachhaltig erholt. Die Reallöhne sind im vergangenen Jahr hauptsächlich durch den Einsatz von Kurzarbeit relativ deutlich um 3,5 Prozent gesunken. Nun kommen seit Jahresbeginn auch noch die ausgelaufene Mehrwertsteuersenkung und anziehende Inflationsraten hinzu. Das sind natürlich alles belastende Faktoren.
Die Einschätzungen der Privathaushalte zur konjunkturellen Entwicklung sind auch weiterhin eher von Pessimismus geprägt. Hier liegt das Konjunkturklima mit minus 23 Punkten unverändert im tiefroten Bereich.
Frage: Der Bausektor war aus konjunktureller Sicht bislang ein Stabilitätsanker in der Pandemie. Hat sich dieser Trend mit Blick auf den Südwesten im ersten Quartal fortgesetzt?
Antwort: Die weitgehend stabile Entwicklung der baden-württembergischen Unternehmen seit Ausbruch der Pandemie lässt sich mit Zahlen belegen. Die Umsätze sind 2020 um drei Prozent auf 14,6 Mrd. Euro gestiegen und die Zahl der im Baugewerbe tätigen Personen hat trotz der Pandemie um drei Prozent zugenommen.
Für die kommenden Monate rechnen die Baubetriebe im Südwesten allerdings mehrheitlich mit einer Eintrübung und mit einem leichten Rückgang der Bautätigkeit. Insofern können wir nicht ausschließen, dass sich die gute Konjunktur im Bausektor im weiteren Verlauf etwas abkühlt. Aber ehrlicherweise sind wir immer noch auf einem hohen Niveau und auf den Bau als Stütze der Konjunktur können wir uns noch eine Weile verlassen.