Interview mit dem L-Bank-Verwaltungsratsvorsitzenden

„Finanzpolitik bedeutet für mich, Zukunft zu gestalten.“

Seit über einem Jahr ist Danyal Bayaz Finanzminister Baden-Württembergs und Vorsitzender des L-Bank-Verwaltungsrats. Im Interview spricht er über die Transformation der Wirtschaft, nachhaltige Finanzpolitik und die Rolle der L‑Bank in der Corona-Pandemie.

Seit Mai 2021 ist Danyal Bayaz Finanzminister Baden-Württembergs und in dieser Funktion auch Vorsitzender des L‑Bank-Verwaltungsrats. Vor seinem Wechsel in die Landespolitik war er Abgeordneter des Deutschen Bundestages.

 

Frage: Herr Minister, im Frühjahr 2021 hieß es Stuttgart statt Berlin, Regierung statt Opposition: Was war Ihr erster Gedanke, als Sie gefragt wurden, ob Sie Finanzminister von Baden-Württemberg werden wollen?

Antwort: Der erste Gedanke: Wow, was für eine Ehre, aber auch was für eine Verantwortung. Und der zweite Gedanke: Das stellt alle meine Pläne auf den Kopf. Immerhin war ich gerade dabei, meinen Bundestagswahlkampf zu planen.

Frage: Aus Liebe zum Land lautet der Claim der L‑Bank. Welche Bedeutung hat die L‑Bank für Sie als Finanzminister und für das Land?

Antwort: Starkes Land, starke Bank. Die L‑Bank ist als Förderbank von großer Bedeutung für unsere Wirtschaft, unsere Kommunen und auch die Menschen im Land. Mittelstand, Start-ups, Familien, sozialer Wohnungsbau – bei vielen wichtigen Themen ist die L‑Bank Ermöglicher konkreter Politik.

Frage: Corona war seit Anfang 2020 das weltweit bestimmende Thema. Die entstandene Krise hinterlässt auch im wohlhabenden Baden-Württemberg große Löcher in den Haushalten von Wirtschaft und Politik. Wie sehen die Maßnahmen aus, um kleine und mittlere Unternehmen, die besonders von der Krise betroffen sind, langfristig zu stabilisieren und Privatpersonen zu helfen?

Antwort: Land und Bund haben eine Vielzahl von Hilfsprogrammen aufgelegt. Wir haben Darlehens-, Zuschuss- und Stabilisierungsprogramme geschaffen für Solo-Selbständige, Start-ups und besonders betroffene Branchen wie Schausteller oder Gastronomen. Die L‑Bank hat weit über eine halbe Million Corona-Anträge bearbeitet und hat damit eine extrem wichtige Aufgabe zur Unterstützung von Unternehmen und Selbständigen geleistet.

Frage: Andere Themen wurden durch die Pandemie überlagert – z. B. die Transformation der Wirtschaft. Digitalisierung, Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Diversität sind da nur einige Stichpunkte. Was ist vor diesem Hintergrund Ihr persönliches Ziel für die Finanzpolitik von Baden-Württemberg?

Antwort: Finanzpolitik bedeutet für mich, Zukunft zu gestalten. Denn hinter den Zahlen steckt ja konkrete Politik. Gute Finanzpolitik fördert Innovationen und sorgt dafür, dass Baden-Württemberg erfolgreich bleibt. Heißt konkret: Unterstützung von Start-ups, denn das sind die Mittelständler von Morgen. Die Digitalisierung vorantreiben. Forschung und Entwicklung fördern, denn unser Rohstoff sind unsere klugen Köpfe und gute Ideen. Ökologisch nachhaltig investieren und Klimaschutz als Chance begreifen. Und gute Finanzpolitik hinterlässt der kommenden Generation keine untragbaren Schuldenberge.

Frage: Durch Ihre bisherigen Aufgaben unter anderem als Bundestagsabgeordneter haben Sie tiefe Einblicke ins Bankwesen gewinnen können. Sind Themen wie Corporate Social Responsibility und Sustainable Finance mögliche Schlüssel für eine nachhaltige und eine mehr ans Gemeinwohl orientierte Finanzwirtschaft?

Antwort: Die Finanzwirtschaft ist kein Selbstzweck. Sie ist Mittel zum Zweck – für Unternehmen aber auch für das Gemeinwohl. Wir müssen privatem Kapital allerdings auch eine Richtung geben, hin zu mehr Nachhaltigkeit. Der Staat allein kann die Herausforderungen von Klimaschutz und ökologischer und digitaler Transformation unserer Wirtschaft gar nicht stemmen. Dafür brauchen wir kluge Geschäftsmodelle und die Mobilisierung von privatem Kapital. Es macht eben einen Unterschied, ob ein Investor in ein Kohlekraftwerk investiert oder in einen Windpark. Mit grünen Ideen schwarze Zahlen schreiben, diese Idee fasziniert mich. Ich bin überzeugt, dass es geht und wir mit unserer Vorreiterrolle andere Regionen in der Welt zum Mitmachen motivieren können.

Frage: Wo sehen Sie in diesem Zusammenhang Aufgaben und Möglichkeiten der L‑Bank als regionale Förderbank?

Antwort: Die Förderprogramme der L‑Bank sind ein Spiegelbild der Schwerpunkte, die wir uns als Landesregierung gesetzt haben. Die liegen ganz eindeutig beim Klimaschutz und der Digitalisierung. Ob es um nachhaltiges Bauen, den Ausbau der Elektromobilität oder die Digitalisierung der Schulen in Baden-Württemberg geht – hier hilft die L‑Bank, unsere Ziele zu erreichen. Und auch den Zukunftsthemen wie Künstliche Intelligenz, Biotechnologie oder Quantencomputer sollten wir uns noch stärker widmen.


Hinweis: Das Interview wurde vor Beginn des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine geführt.