Konjunkturinterview

Impffortschritte und Lockerungen sorgen für sommerliches Stimmungshoch

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Trotz Lieferengpässen und zunehmender Materialknappheit hat sich die konjunkturelle Stimmungslage im Südwesten im zweiten Quartal weiter verbessert. „Der Stimmungsaufschwung erstreckt sich inzwischen über alle Wirtschaftssektoren und umfasst auch die bislang besonders stark von der Pandemie betroffenen Dienstleister und Einzelhändler“, so die Einschätzung von Edith Weymayr, Vorsitzende des Vorstands der L‑Bank.

Karlsruhe, 08.07.2021. Das LBank-ifoInstitut für Wirtschaftsforschung-Geschäftsklima liegt zum Ende des ersten Halbjahres 2021 nach fünf Anstiegen in Folge mit 25 Punkten auf dem höchsten Stand seit Oktober 2018. Positiv sticht dabei nach wie vor das verarbeitende Gewerbe mit inzwischen sogar 14 Anstiegen in Folge und 36 Punkten hervor.

Frage: Frau Weymayr, der Stimmungsaufschwung unter den Südwestunternehmen scheint unaufhaltsam und kann inzwischen fast schon als Euphorie bezeichnet werden. Im Herbst könnten die Infektionszahlen jedoch wieder steigen. Droht dann ein böses Erwachen?

Antwort: Das erwarte ich nicht, denn es gibt einen großen Unterschied zur pandemischen Lage des letzten Jahres: Wenn im aktuellen Tempo weitergeimpft wird, werden im Herbst mehr als 70 Prozent der Bevölkerung geimpft sein. Insofern besteht die begründete Erwartung, dass mögliche Einschränkungen und somit auch denkbare negative konjunkturelle Effekte im Herbst und Winter weniger drastisch ausfallen. Deshalb erwarten wir wie die meisten Konjunkturexperten in diesem Jahr beim BIPBruttoinlandsprodukt-Wachstum eine deutliche Erholung.

Das sehen offensichtlich auch die Unternehmen so. Sie sind sehr optimistisch. Die Geschäftserwartungen für das zweite Halbjahr liegen in unseren Umfragen sogar auf dem höchsten Wert seit Ende 2010.

Aber natürlich muss man auf allen Ebenen vorsichtig und wachsam bleiben. Die Erfahrung zeigt, dass neue Mutationen den Verlauf der Pandemie verändern können und konjunkturelle Rückschläge dadurch möglich sind.

Frage: In den vergangenen Wochen und Monaten wurde zunehmend von Lieferengpässen und Materialknappheit in der Industrie und der Baubranche berichtet. Könnten diese Faktoren die wirtschaftliche Erholung stoppen?

Antwort: Stoppen vermutlich nicht, wohl aber hemmen und verzögern. Das ifo-Institut hat seine Prognose für das Wirtschaftswachstum in Deutschland aus diesem Grund gerade von 3,7 auf 3,3 Prozent reduziert und rechnet mit einer Verschiebung der Erholung nach hinten.

Besonders gravierend könnten die Auswirkungen im Wohnungsbau sein. Die Unternehmen erwarten hier einen weiteren Anstieg der ohnehin schon sehr hohen Preise. Aber nicht nur die Preisentwicklung ist ein Problem, auch die Materialverfügbarkeit: Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen im Wohnungsbau klagen über Materialknappheit – ein historischer Rekordwert. Die aktuellen Engpässe dürften also im weiteren Jahresverlauf eine große Belastung für Bauherren darstellen.

Frage: Wie ist es um die Exportwirtschaft im Südwesten bestellt? Setzt sich die Erholung fort oder überwiegen die Sorgen und Bedenken?

Antwort: Die vielen exportorientierten Industriebetriebe zeigen deutliche Erholungstendenzen und stützen die Konjunktur im Land. Insbesondere die im ersten Quartal um 24 Prozent gesteigerten Ausfuhren nach China zeigen eine hohe Dynamik. Auch die Entwicklung des Handels innerhalb der EUEuropäische Union verläuft erfreulich.

Das hat Auswirkungen auf das gesamte Geschäftsklima: Da die Bedeutung des Industriesektors und der Außenwirtschaft im Südwesten vergleichsweise hoch ist, liegt auch das LBank-ifo-Geschäftsklima in Baden-Württemberg weiterhin etwas über dem Wert auf Bundesebene.

Frage: Werfen wir zum Abschluss noch einen Blick auf die Verbraucherseite. Herrscht unter den Privathaushalten eine Sommereuphorie oder überwiegt noch der Corona-Blues?

Antwort: Die Wahrheit liegt – wie so oft – irgendwo dazwischen. Auch bei den baden-württembergischen Verbrauchern vergrößert sich die Zuversicht – aber in deutlich geringerem Tempo als bei den Unternehmen. Insbesondere das Anschaffungsklima trübt das Bild. Hier haben wir im Juni sogar einen neuen Tiefpunkt beobachtet. Ein Grund könnten die zunehmenden Inflationssorgen sein. Angesichts des steigenden Preisniveaus halten sich die Privathaushalte offenbar bei größeren Anschaffungen zurück.

Hintergrund

Für den L‑Bank-ifo-Konjunkturbericht werden monatlich über 1.200 Unternehmen zu ihrer Einschätzung der aktuellen Geschäftslage sowie ihren Erwartungen für die nächsten sechs Monate befragt. An der L‑Bank-GfKGesellschaft für Konsumforschung-Verbraucherumfrage zur Ermittlung des Preis-, Konjunktur, Einkommens- und Anschaffungsklimas beteiligen sich in der Regel rund 300 Privatpersonen. Für den L‑Bank-Wohnungsbau-Report wird die baden-württembergische Baubranche einmal im Quartal einer vertieften Analyse unterzogen.

 

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    Eingestellt am 08.07.2021
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